Öl, Leinwand; 45 x 64 cm (leichter Rahmen);
signiert v.l.n.r.: WW
rückseitig Faksimile der Künstlersignatur WW und Nummer 0032.
Wojciech Weiss' Gemälde Der Obstgarten in der Abenddämmerung gehört zu den charakteristischen jungpolnischen Darstellungen von dunklen Gärten voller alter Apfelbäume, deren gebogene Äste Jugendstillinien bilden. Weiss' Obstgarten ist im Frühling gemalt, wenn die Baumkronen mit Blumen übersät sind. Die Stämme der Apfelbäume, die mit Kalk gekalkt sind, leuchten hell vor dem Hintergrund des in der Dunkelheit versinkenden Rasens. Im Hintergrund stehen dunkle Büsche einer pastellfarbenen Wiese gegenüber, die ihre ungewöhnliche Farbe den verblassenden Strahlen der untergehenden Sonne verdankt.
Der Ausschnitt des Gemäldes ist so kühn gewählt, dass er einem japanischen Holzschnitt ähnelt, und bekanntlich war Weiss von der fernöstlichen Kunst besonders inspiriert. In seinen Memoiren vermerkte er: "Japanischer Holzschnitt. Wunder der Gestaltung, enormer Geschmack für Farbe, eine andere Sicht der Natur. [...] Der klassische Kompositionsstil wich dem fernöstlichen Stil." So rahmt der Künstler die Landschaft bewusst ein und zeigt nur einen Ausschnitt, um den Ausdruck des dargestellten Motivs nach japanischem Vorbild zu verstärken. Damit bricht er endgültig mit den akademischen Vorbildern der Landschaftskomposition, die in der Regel durch antike Staffage bereichert werden.
Es lohnt sich, im Zusammenhang mit diesem Werk die Worte eines Kenners des Werks des Künstlers in Junges Polen, Professor Wiesław Juszczak, zu zitieren, der auf die besondere Tiefe der in den modernistischen Landschaften enthaltenen inneren Erfahrungen hinwies, die er als "innere und emotionale Landschaften" bezeichnete und die damit zusammenhängt, dass die Natur in Weiss' Werk "so zu einem [...] unentzifferbaren Wesen wird, das in seiner Stille und Fremdheit eingeschlossen ist."
Andererseits ist der Ausdruck, der von Weiss' Obstgarten in der Abenddämmerung ausgeht, angesichts des Bestrebens des Künstlers, die Malerei zu vertonen, nahe an den geheimnisvollen Klängen der Balladen von Frédéric Chopin.
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